Texte für die Praxiswebsite: Menschenfreundliche Texte
Dieser Blogbeitrag ist der erste einer sechsteiligen Serie über die Besonderheiten von Praxiswebsites. Dabei stelle ich nach und nach vor, worauf Praxisinhaber/-innen achten sollten, wenn sie sich und ihre Praxis im Web präsentieren.
Alles hängt an der Zielgruppe
Was macht eine Website unwiderstehlich? Für Praxiswebsites gilt zuerst einmal das, was für Websites ganz allgemein gilt.
Das ist kurz gesagt:
- Zur Zielgruppe passende Inhalte,
- hochwertig aufbereitet,
- mit zusätzlichem Nutzen angereichert,
- augenfreundlich präsentiert und
- suchmaschinenfreundlich konzipiert.
Von Websites wird also in erster Linie erwartet, dass sie Informationen liefern, die – wie es so schön heißt – für die Zielgruppe relevant sind.
Doch was macht eine Zielgruppe eigentlich aus? Hierzu gibt es unterschiedliche Modelle, wie zum Beispiel die Sinus-Milieu-Modelle. Dort werden Milieus nach unterschiedlichen Kriterien definiert. Besonders hilfreich für Marketingaufgaben, bei denen man die Zielgruppe erst noch besser kennenlernen muss. Für Praxisinhaber/-innen sind diese Informationen jedoch weniger essenziell.
Denn sie haben etwas, worum sie von anderen Unternehmer/-innen beneidet werden: täglichen Kontakt zur Zielgruppe. Was eigentlich ein Riesenvorteil ist – schließlich kennt man dadurch seine Leute ganz genau – stellt sich für viele jedoch als Hemmschuh heraus. Denn Patienten/-innen sind ganz unterschiedlich und haben meist nur eines gemeinsam: Sie brauchen ein Therapieangebot, das auf sie und ihre Diagnose zugeschnitten ist. Zuende gedacht bedeutet das jedoch: Jeder braucht etwas anderes. Wie soll man aber so etwas Komplexes wie individuelle Therapie in einem Webtext erklären, der noch dazu für das eigene Praxisangebot sprechen soll? Keine ganz leichte Aufgabe.
Wie spricht man eine heterogene Zielgruppe an?
Für Praxisinhaber/-innen stellt sich also die Frage: Wie spreche ich meine Zielgruppe so an, dass sich sowohl der gutbetuchte Geschäftsführer als auch die alleinerziehende junge Mutter, der Maschinenschlosser mit Hauptschulabschluss genauso wie die Hochschulprofessorin angesprochen fühlen? Das allein ist schon nicht ganz einfach zu beantworten. Oben drauf kommt dann aber gleich die nächste Frage, nämlich, wie man es schaffen kann, Menschen mit unterschiedlichen Diagnosen zu vermitteln, dass die Praxis für alle Fälle die richtigen Ansprechpartner bereit hält. Denn so lautet der Auftrag des Gesetzgebers: Ambulante Versorgung muss für alle Patienten/-innen zugänglich sein. Das heißt: Alle, die sich anmelden, haben Anspruch auf kompetente Behandlung. Und das will man schließlich auch auf der Website vermitteln.
Und weil das alles nicht ganz einfach zu bewerkstelligen ist, halten sich viele Praxen am Gerüst fest, das die fachmedizinische Einteilung zu bieten hat. Und so sieht dann auch die Navigation aus: Orthopädie, Neurologie, Geriatrie, etc. Das ist jedoch weder eine menschen- noch eine suchmaschinenfreundliche Navigation. Damit verschafft man sich höchstens Renommee unter Fachleuten. Ganz normale Patienten/-innen fühlen sich dadurch wenig angesprochen. Höchstens die mit medizinischer Vorbildung.
Die Zielgruppe besteht aus Menschen, die spezifische Fragen haben
Beim Schreiben von Webtexten muss man sich immer wieder erinnern: Texte werden in erster Linie für Menschen geschrieben. (Warum sie trotzdem suchmaschinenfreundlich sein sollten, dazu später mehr.) Menschenfreundliche Texte beantworten demnach genau die Fragen, die die Zielgruppe hat.
Oft ist es hilfreich, sich eine Beispielperson vorzustellen, also am besten eine Lieblingspatientin oder einen Lieblingspatienten, bei denen die Behandlung schon abgeschlossen ist. Gut ist auch, wenn man die Zusammenarbeit mit diesem Menschen als besonders beglückend empfunden hat. Für so jemanden schreibt man dann auch gleich viel lieber.
Mit diesem kleinen Trick, der eigentlich kein gut gehütetes Geheimnis ist, kann man eins viel leichter schaffen: Passgenaue Texte für Menschen zu schreiben, die man besonders gerne behandelt. Alle anderen schließt man damit nicht explizit aus, man spricht sie nur nicht explizit an. Das ist im Gegensatz dazu, was viele Therapeuten/-innen und Ärzte/-innen glauben, nicht verboten. Das heißt, die Onlinepräsenz einer Praxis kann es sich leisten, bestimmte Patienteninteressen nicht zu beachten. Sie darf sich auf die Patienten/-innen konzentrieren und fokussieren, für die sie besonders gut ausgebildet ist und die sie besonders gerne behandelt. Das ist erfahrungsgemäß ein Knackpunkt. Denn Therapeut/-innen, aber auch Ärzte und Ärztinnen, haben verinnerlicht, für alle da zu sein.
Viele, die Angestellte beschäftigen, können das auch problemlos leisten. Für diejenigen, in deren Praxis viele Spezialisten arbeiten, gilt trotzdem: Die oben beschriebene Herangehensweise hilft auch ihnen. Denn das Ziel bleibt weiterhin, diejenigen anzuziehen, die man besonders gut und gerne behandeln kann. Das können auch unterschiedliche Patientengruppen sein.
Wie geht das nun ganz konkret, menschenfreundlicher Text?
Wenn der erste Schritt geschafft ist und der Lieblingspatient oder die Lieblingspatientin vor dem geistigen Auge sitzt, fängt man am besten ein lockeres Gespräch an und erzählt diesem imaginierten Menschen alles, was man in der Therapie bereits gemacht hat, noch einmal ganz genau. Das muss man nicht laut tun. Man kann auch einen unhörbaren Monolog halten. Dabei schreibt man sich die Schlüsselbegriffe auf ein Blatt Papier. Also zum Beispiel: Muskelspannung abbauen, Bewegungsausmaß vergrößern, wieder selbstständig anziehen können, mit möglichst wenig Schmerzen aufstehen, und so weiter. Alles, was man mit diesem Menschen erreicht hat oder erreichen wollte. Und zwar in einer Sprache, die dieser Mensch gut versteht, die seinem aktiven Wortschatz entspricht. So gelingt auch der nächste Schritt: Fragen formulieren, die dieser Mensch zu Beginn der Therapie einem Therapeuten gestellt hätte.
Mit der fertigen Fragenliste und den Schlüsselbegriffen geht es dann ans strukturieren: Ähnliche Fragen zusammenfassen, Fragen dem Lieblingsfachgebiet zuordnen, die wichtigsten Schlüsselbegriffe identifizieren und in Gruppen zusammenfassen. Diejenigen Praxen, die zuvor ein Leitbild bzw. eine Vision erarbeitet haben, haben es nun leichter. Denn sie können gemäß der oben gezeigten Skizze recht einfach herausfinden, wo die Überschneidungen liegen und sich genau darauf konzentrieren. Die Hauptfrage bei der Konzeption ist also: Wie lautet meine ganz eigene Antwort auf die Patientenfragen? Wie behandle ich? Was ist mir wichtig? Worin bin ich besonders gut?
So entstehen Webtexte, die eine individuelle Handschrift tragen und den Spirit der Praxis transportieren, also etwas von den Menschen zeigen, die die Website betreiben. Das ist vor allem im Gesundheitsmarkt sehr wichtig. Denn schließlich geben Patieten/-innen immer einen Vertrauensvorschuss. Und das fällt ihnen leichter, wenn sie ein Gefühl für die Menschen bekommen, denen sie sich anvertrauen. Es entstehen aber vor allem Webtexte, durch die sich genau die Patienten/-innen angesprochen fühlen, die zur Praxis passen. Eine so betextete Website trägt somit dazu bei, dass die Positionierung einer Praxis gelingt und Menschen, die am stärksten von diesem speziellen Therapieangebot profitieren, die Website auch gut finden können.
Die wichtigsten Tipps fürs Schreiben von patientenorientierten Texten für Praxiswebsites
- Im Blick behalten: eine Lieblingspatientin / einen Lieblingspatienten
- Lieblingspatienten/-innen kommen mit
- Diagnosen, die zur eigenen Spezialisierung passen
- haben bestimmte Charaktermerkmale, die mir liegen
- verhalten sich entsprechend der organisatorischen Vorgaben: halten Termine ein oder sagen rechtzeitig ab, bringen korrekt ausgefüllte Verordnungen mit, etc.
- Schreiben, als ob man mit einem echten Menschen spricht, der kein Fachwissen hat
- Schlüsselwörter identifizieren:
- anhand der Therapieziele
- anhand von Patientenfragen
- anhand therapeutischer Spezialisierung
- anhand des Praxisstandorts
- Konkrete Patientenfragen stellen, sortieren, beantworten
- Wenn Fachworte benutzt werden, auf einer Unterseite erklären (Glossar, FAQs)
- Die eigene Kompetenz nicht benennen. Sie vermittelt sich durch die Art und Weise, wie relevantes Wissen vermittelt wird
- Leitbild oder Praxisphilosophie einfließen lassen
- Eigenes Wording entwickeln und in allen Publikationen verwenden
- Regeln für Webtexte beachten: Flyertexte sind keine Webtexte
Bildnachweis: Hellfirez / photocase.de, Silke Jäger
Im nächsten Teil der Serie "Texte für die Praxiswebsite":
Zielführende Textkonzepte für Praxen im Gesundheitswesen