Was kostet Text?
Einfache Frage, komplexe Antwort. Manchmal hätte ich auch gerne schöne Preisschilder, die ich einfach auf meine Website packen könnte oder in den Anhang von Mails, mit denen ich auf Anfragen antworte. Doch leider geht das nicht. Denn Text ist nicht gleich Text. Deshalb schreibe ich meistens lange Antwortmails, wenn mir jemand die Frage stellt: Was kostet Text?
Es kommt drauf an …
So fangen viele dieser Mails an. Denn wie viel ein Text kostet, hängt natürlich davon ab, wie viel Arbeit er macht. Und um das abschätzen zu können, das heißt, um eine Idee davon zu bekommen, wie viel Zeit man tatsächlich braucht, bis der Text fertig ist, muss man eine Kalkulation aufstellen, die es in sich hat. Es gibt viele Faktoren, die in die Kalkulation einfließen.
- Die Planungsphase wirkt sich aufs Ergebnis aus.
Bei der Textplanung bin ich darauf angewiesen, dass ich gute Briefingunterlagen bekomme. Je mehr ich über ein Projekt weiß, desto besser kann ich den Text bzw. die Textfamilie konzipieren. Es reicht eben nicht zu wissen, dass die Texte für eine Landingpage gebraucht werden, die zu einem Hilfsmittelshop führt. Informationen darüber, ob es sich um eine Sonderaktion handelt, wie der Shop aussieht, welches Wording gewünscht wird, welche Keywords ich berücksichtigen soll, welche korrespondierenden Anzeigen wo geschaltet werden, wer angesprochen werden soll und was die Zielgruppe tun soll, sobald sie auf der Landingpage gelandet ist, sind nur einige von vielen Fragen, die im Vorfeld geklärt werden müssen. Je aussagekräftiger die Informationen sind, die ich vor dem Kalkulieren bekomme, desto besser kann ich den Aufwand abschätzen und desto leichter gelingt die Textkonzeption. Und das spart in der Regel Zeit an anderen Stellen im Bearbeitungsprozess. Das heißt, Kunden können durch gut vorbereitetes Briefingmaterial dazu beitragen, dass ich erstens besser abschätzen kann, wie lange ich für den Auftrag brauche und zweitens, dass das Ergebnis ihren Vorstellungen entspricht.
- Die Textkonzeption richtet sich nach dem Medium.
Banale Erkenntnis: Ein Flyer ist keine Website. Jedes Medium erfordert eine individuelle Herangehensweise und hat eigene Kommunikationsgesetze. So erzeugen beispielsweise Texte, die fürs Web geschrieben werden einen anderen Aufwand als Texte für Broschüren, Flyer oder Corporate-Publishing-Produkte. Das liegt zum großen Teil an der Vorarbeit. Webtexte werden für Menschen geschrieben, müssen aber auch von Suchmaschinen gefunden werden. Von der Keywordrecherche über die Gliederungsgesetze schlagen hier ganz andere Vorarbeiten zu Buche als bei Flyertexten. Damit will ich nicht sagen, alle Flyer wären gleich. Auch hier gibt es Unterschiede. Immer geht es um die Fragen: Was soll der Text erreichen? Und welche Möglichkeiten bietet das Medium dafür? Danach richten sich Wording und Leserführung und erzeugen unterschiedlichen Aufwand.
- Inhalte, Zielgruppe, Zielsetzung und Auftraggeber beeinflussen den Erstellungsprozess.
Es macht einen Unterschied, ob der Inhalt der Zielgruppe bekannt ist oder ob sie etwas dazulernen soll, ob sich der Text an Ärzte richtet oder an Patienten, ob es sich um einen Fachtext handelt oder um einen Werbetext, ob die Zielgruppe informiert werden soll oder überzeugt. Fachtexte können weniger aufwändig sein als Unternehmensbroschüren, auch wenn das etwas überraschend sein mag. Hier hängt der Aufwand ebenso davon ob, was bei den Lesern erreicht werden soll, wie viel Primärliteratur und Wissenschaft berücksichtigt werden muss und wie viele Entscheidungsträger mitreden, bevor ein Text veröffentlicht werden kann. Denn je nachdem, wie viele Abteilungen in einem Unternehmen am Projekt beteiligt sind können die Abstimmungsprozesse um ein Vielfaches länger dauern als die Texterstellung selbst. Das heißt, die Kommunikation zwischen Dienstleisterin und Kunden ist hier höher.
- Der Umfang sagt nichts über den Aufwand aus.
Die Formel „kurzer Text = wenig Aufwand, langer Text = viel Aufwand“ gibt es nicht. Es gibt sie nicht, weil sie falsch wäre. Denn häufig dauert es viel länger eine knackige Headline zu texten als den dazugehörigen Artikel mit 3000 Zeichen zu schreiben. Das liegt nicht unbedingt an der Tagesform, obwohl es natürlich auch damit etwas zu tun haben kann. (Was aber kein Problem ist: Wenn ich merke, dass sich ein Tag nicht zum Texten eignet, mache ich eben etwas anderes, zum Beispiel Buchhaltung. Denn Buchhaltung geht immer dann besonders gut, wenn nichts anderes geht. Wahrscheinlich, weil sich dieses Arbeiten im Kleinklein-Modus nicht so leicht durch Denkchaos behindern lässt.)
Es gibt ja das berühmte Zitat:
"Lieber Freund, entschulige, dass ich dir einen langen Brief schreibe, für einen kurzen hatte ich keine Zeit.“
das gemeinhin Goethe zugeschrieben wird. Dass kurze Texte mehr Zeit in Anspruch nehmen können als lange, muss man also bedenken, wenn man über den Aufwand nachdenkt.
- Die Nutzungsrechte bestimmen den Wert.
Einen Claim zu texten oder einen Produktnamen zu erfinden, ist nicht nur aufregend und macht Spaß. Es ist auch viel Arbeit und das Ergebnis hat einen hohen Wert. Denn diese Texte sind wichtige Bausteine der Marke und werden auf unzähligen Unternehmenspublikationen und Werbematerialien auftauchen. Natürlich ist das teurer als sich den Text für einen Call-to-Action-Button auszudenken. Auch wenn die Textmenge unter Umständen gleich ist. Außerdem: Ein zeitlich und räumlich unbeschränktes Nutzungsrecht kostet mehr als ein einfaches. Nutzungsrechte richten sich nach dem Verwendungszweck und sind immer Teil der Projektspezifikationen.
Angebote
Wenn ich ein aussagekräftiges Angebot für Textarbeit machen möchte, bin ich also auf die Mitarbeit meiner Kunden angewiesen. Wenn ich mit jemanden zum ersten Mal zusammenarbeite, biete ich keine Pauschalpreise an. Denn dafür möchte ich zuerst mit den Eigenarten der Zusammenarbeit vertraut sein. Ich stelle mich gerne auf Kundenbedürfnisse ein. Dazu gehört aber eine Kennenlernphase. In dieser Phase bearbeite ich gerne überschaubare, kleinere Projekte, bei denen sich der Aufwand gut abschätzen lässt. Manchmal ist es auch nötig, eine Preisspanne festzulegen oder in einem laufenden Projekt den Preis neu zu kalkulieren. Denn nicht immer lässt sich der Aufwand zu Beginn der Arbeiten gut abschätzen. Auch die Kunden selbst können oft nicht voraussehen, wie sich ein Projekt im Laufe der Bearbeitung entwickelt. Manchmal öffnen sich Horizonte oder es ergeben sich neue Perspektiven. Und das kann die Eigenarten des Projekts maßgeblich verändern, ebenso ausdehnen wie reduzieren. Es wäre ja schade (und dumm), wenn man sich darauf nicht flexibel einstellen könnte.
Wenn sich der Aufwand in einem laufenden Prozess verändert, war das bisher jedoch noch nie ein Problem in der Zusammenarbeit. Denn mir ist es wichtig, transparente Preisabsprachen zu treffen. Wenn abzusehen ist, dass der vorher kalkulierte Aufwand überschritten wird, bespreche ich das rechtzeitig, damit die Kunden die Kostenkontrolle behalten. Das ist dann fast so eindeutig wie ein Preisschild, aber viel wichtiger, denn es hat mit einem stabilen Vertrauensverhältnis zu tun. Und das bedeutet mir viel mehr als schöne Preisschilder zu haben. Ich hoffe, Sie können mir da zustimmen.
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